Krähenpost
Freitag, 25. September 2020

Neo

Ein neoliberaler Sack Macht Ärger, weil er Ärger hat. Er sagt zur Marktfrau: "Sag mir mal, was ist das, 'neoliberal'?

Sie sagen alle, das sei schlecht. Ich glaub’s zwar nicht, doch ganz in echt Hab ich ja keinen blassen Schimmer Was das ist. Das stört mich immer."

"Ist schon gut". Die Marktfrau spricht, "Die wissen das auch selber nicht. Die merken, dass du irgendwie Ein Arschloch bist. Doch keins wie sie.

Du bist ein Breitarsch in der Welt Der schmalen Ärsche. Eins mit Geld. Sie fragen rum. Und treffen dann Den Menschen, der's erklären kann.

Es sei, sagt er, der Habitus, Der nervt! Und dann der ganze Stuss Von Leistungswillen, Fleiß und Markt, Den man nicht stören darf, wenn's hakt."

"Das leuchtet ein", sagt ihr der Mann "Wie komm ich an den Typen ran, Der solche Analysen trifft? Die sind gesellschaftliches Gift!"

"Oh Mann, weißt du es wirklich nicht?" Die Marktfrau starrt ihm ins Gesicht, "Du hast uns das doch selbst erzählt, Mit PowerPoint! Für sehr viel Geld!

Auf einer Schulung der Partei Warst du für einen Tag dabei!" "Ach stimmt..." Der Mann denkt länger nach "Der Auftrag hat nicht viel gebracht.

Da hab ich mir in einer Nacht Den Scheiß kurz selber ausgedacht. Und wieder, schwups, kaum war’s vorbei, Vergessen. Futsch. Im Einerlei

Meiner Consulting-Gigs verschollen. War halt, was sie hören wollen." "Und, was ist die Konsequenz?" Die Frau ist bleich wie ein Gespenst.

"Ruhig Blut!" Jetzt ist der Mann am Zug. "Ich denk, für heute ist's genug. Doch morgen hab ich noch was frei. Du kannst mich buchen. Jederzeit."

Donnerstag, 24. September 2020

2 Limericks

Das Kissen im Hostel, es flüstert Beflissen liebkost es die Nüstern Doch durch einen Spalt Scheint ein Sonnenstrahl, krallt Sich ans Augenlid, stichelt und wispert.

Wenn’s regnet, geh raus, fang zu traben an. Renn! Lass das Wasser dich tragen! Sperr Ohren auf, Augen, Die sonst zu nichts taugen. Sperr‘s Maul auf! Und: zu. Keine Klagen

Mittwoch, 23. September 2020

Hauptbahnhof

Die SC-Zwanzig-Zwanzig knarzt beamtisch Sprechaufforderung sofort Anwärter Bastian kniet vor Ort Auf Renitenz und heult sehr dilettantisch

Die Tränen der Kassiererin sind trocken Schon seit sieben langen Jahren Die die Züge drüber fahren Oben. Über frisch gewellte Locken

Ritter Bodo, Stückpreis Achtzehn Fünfzig Die Palette schiebt aufs Band Den Blick zu Boden, stinkt, die Nase rümpft sich

Endlich kommt Verstärkung angerannt Zehn Kerle. Renitenz wird winzig „Basti, Mann! Schlag zu. Der ist bekannt…“

Dienstag, 22. September 2020

Die Scheiße mit der Scheiße

Was ist das eigentlich für ein Leben, Das sie uns zum Leben geben? „Sie“ - Und das ist interessant - Sind dabei Phänomen von Stand Und Status. Bist du wohlbestellt Mit Bildung, Freundschaft oder Geld Bist Du dabei. Bist Du das „Sie“, Das uns bestimmt. Dann hast Du nie Gedacht, dass irgendwelche Mächte Alles regeln. Gute, schlechte, Miese Zeiten dir bereiten Und doch alle Schuld bestreiten. Bist Du aber nicht dabei, Kraft Chromosomen, Geld und schrei- end großem Unrecht, hast du Pech. Dann war Gott wohl ein Arschloch, nech? Dann musst du mit dem Scheißgefühl, Dass SIE Dich ficken, ins Gewühl Des Lebens stürzen Und - guess what - Natürlich gibt es keinen Gott. Kein „Sie“ und auch kein Scheißsystem Ich weiß es, denn ich hab‘s geseh‘n. Es gibt nur Dich und uns hier oben. Alles and‘re ist gelogen.

zuerst veröffentlicht hier: kofferwoerter.trivial.studio

Montag, 21. September 2020

Warum denn ausgerechnet ein Kirschbaum?

In einem Kirschbaum, mitten in der Stadt Sitzt Annmarie, die keine Eltern hat. Das ist okay, sie - Annmarie - ist alt Und wenn man alt ist, sind die Eltern kalt.

Sprich: Lange mausetot. Und leicht verwest, Auch schwer mitunter. Siehst ja, wenn du stehst Am Grab die einsunk'nen Stellen rund- herum. Das machen Zeit und Würmer und Natürlich Feuchtigkeit und viele Pilze. Nur die Knochen sind noch da. Wer will'se Denn auch fressen. Da kommt Weinen von, Das kennt man schon vom Hühnerbeineessen...

Also: Annmarie. Sie lacht stattdessen Über einen Mann am Fuß des Baums, Der fleht und flucht, doch hört sie's oben kaum. Ist hoch geklettert, sieht nur seinen Mund Wie er sich öffnet, schließt. Mal Strich, mal rund Und denkt sich: Matschepampe. Sind die Eltern Matschepampe, die in Holzbehältern Wohl behütet in das Jenseits schwappt? Wo sich ein Höllenhund die Knochen schnappt Und all der Glibbersiff in Charons Schiff Auf frisch geschrubbte Eichenplanken trifft?

Was, wenn man einfach hier im Baum Verreckt? Das tropft doch kaum Bis auf die Erde Blätter werden Leichensaft kanalisieren Käfer werden hochmarschieren Und die Pilze und die Würmer Werden ihren Leichnam stürmen Ganz egal ob unten oder oben Ob im Himmel oder in der Hölle Schnell geht anders. Aber: Grüne Welle.

Niemals wieder runter aus der Höhe Nein. Sie bleibt. Bis eine Tages eine Böe Ihren letzten Knochen in die Gosse treibt.

Sonntag, 20. September 2020

Vierzeiler des Tages

Es hat, in später Juninacht, Ein Kind die Eltern umgebracht. Gefragt, warum, kratzt's sich am Ohr: "Ich hatte grad nichts bess'res vor."

Samstag, 19. September 2020

Fremder Typ. Süßigkeiten. Ihr kennt das Spiel

„Wunder!“! rief der Typ von Beteigeuze, Als er eines nachts die Erdbahn kreuzte Und auf einem Feld in Iowa Ein Einhorn sah.

Und als das Einhorn schließlich spät Zuhaus, gefragt, ob’s Hunger hätt’ Die Snackmaschine zeigt, Die’s jetzt am Euter trägt,

Da fragt die Mutter: „Welches Euter? Und wos sag I jetzt die Leute?“ Zückt das Einhorn flugs ein „Schleck“ (Ein Beteigeuze-Mode-Snack) Was keiner nie bereute (Werbeslogan auf dem Beutel). Schwups. War Muttern weg.

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